Der Gepard aka Audi RS 7

Don Dahlmann kennt sich aus mit schnellen Autos. Am Mittwoch war er mit dem Audi RS 7 Sportback in der Region um Neckarsulm unterwegs – und beschreibt in seinem Gastbeitrag, was den Sportwagen mit der edlen Raubkatze verbindet.

Geduckt steht der RS 7, fast kauert sich die lang gestreckte Limousine auf den Boden. Der Wagen wirkt etwas unscheinbar, so wie ein schlafender Gepard, der sich im Schatten unter einem Baum ausruht. Man hat durchaus ein wenig Respekt, wenn man sich dem Auto nähert, die Tür öffnet und sich in die Sportledersitze fallen lässt. 320 Stundenkilometer steht da auf dem Tacho, dass zwischen den Lenkradspeichen eine klare Richtung vorgibt. Nach vorne soll es gehen, möglichst schnell. Aber bevor ich den Schlüssel drehe, und die 560 PS zum Leben erwecke, ein paar Worte zum A7. Denn eigentlich waren sie ja schon ausgestorben, die großen sportlichen Gran Tourismo Coupés. Vor vielen Jahren gehörte diese Gattung zum Besten, was die Autobauer zu bieten hatten und die meisten kamen aus Italien oder England. In Zeiten, in denen Effizienz und CO₂-Ausstoß keine Rolle spielten, in denen Menschen ihre Vision eines Gran Tourismo entwickelten, waren diese Wagen das Schönste, was es zu kaufen gab. Der Maserati Mistral war eines jener legendären Coupés, nach denen man sich heute noch umdreht, um die zeitlose Eleganz zu bewundern.

Audi musste beim A7 gar nicht über die Alpen oder den Kanal schauen. Das Audi 100 Coupé S gehörte in den 70er Jahren schon zu den Hinguckern par excellence und die schöne, abfallende Hecklinie hat der A7 von ihm übernommen. Die Kanten und Sicken des Wagens lassen das Auge immer wieder auf den Details ruhen, wie bei den breiten Nasenflügeln unter der Motorhaube, die die nötige Luft zum V8-Motor schaufeln. Die Formen zwingen einen geradezu mit einer Hand die Linien berühren zu wollen. Man will den Wagen, seine Form anfassen, die Hand auf ihn legen, um zu ertasten, was unter ihm liegt. Man will den Herzschlag des Geparden fühlen, jetzt, in diesem Moment, wo er entspannt und ruhig da liegt. Aber nun ist keine Zeit für Streicheleinheiten, jetzt ist es Zeit, den Startknopf zu drücken.

Machen wir uns nichts vor: Mit dieser Motorisierung wird man in Zukunft nicht mehr viele Autos fahren können. Genau wie der vom Aussterben bedrohte Gepard, ist auch das Sportcoupé mit großvolumigen Motoren vom Aussterben bedroht. EU-Abgasregeln und der damit verbundende Zwang zum “Downsizing” machen Autos wie den Audi RS 7 zu einer seltenen Gattung. Sicher, es wird immer einen Markt für diese Form des legalen Dopings geben, aber inmitten all der Vernunftautos werden sie immer seltener. Man sollte sie also pflegen, man sollte jede Sekunde mit so einem Fahrzeug genießen, denn später kann man seinen Enkeln davon berichten.

Audi RS 7 Sportback

Technik trifft Natur: der Audi RS 7 Sportback im Profil

Und zu erzählen gibt es viel. Zum Beispiel von dem Moment, in dem man den Motor anlässt, der Wagen sich kurz schüttelt, so wie der Gepard, wenn er von seinem Mittagsschläfchen erwacht und die ersten Schritte in seinem Revier macht. Das energische Grollen, das aus der Motorhaube schallt, gibt schon mal einen ersten Eindruck, was einen erwartet. Und gleichzeitig ist es ein Versprechen.

Eines, das der RS 7 vor allem auf der Autobahn einlösen kann. Wenn man möchte, dann kann man komfortabel und entspannt im Verkehr mitfließen. Die Elektronik regelt die Geschwindigkeit und den Abstand zum Vordermann, der Motor läuft fast unhörbar im Hintergrund. So kann man es durchaus ein paar Hundert Kilometer aushalten. Man sitzt in einer großen Reiselimousine, die bequem und sicher die Kilometer frisst und dabei trotz ihrer vier Liter Hubraum und 560 PS um die zehn Liter verbraucht. Doch die Szene ändert sich, wenn der Weg sich vor einem öffnet und man ein paar freie Autobahnkilometer vor sich hat, die nicht mit einem Tempolimit belegt sind.

Zwei schnelle Klicks an der linken Schaltwippe und dann kann man einen Sturm entfesseln. Plötzlich ist Schluss mit der Ruhe, denn mit einem scharfen Fauchen erwacht der V8-Biturbo zum Leben und zeigt sein anderes Gesicht. Das Fauchen wird schnell zu einem Brüllen und schaltet man manuell, muss man schauen, dass man nicht in den Begrenzer gerät. Dritter Gang, vierter Gang – die Schaltvorgänge sind schnell, kein Rucken, keine Unterbrechung der Zugkraft, die einen in die Ledersitze presst.

Wo sind die anderen Autos, die eben noch hinter einem waren? Egal, die Tachonadel klettert und windet sich schnell Richtung 250 Studenkilometer. Aber der eigentliche Spaß ist nicht die reine Höchstgeschwindigkeit. Nein, der Spaß, die kindliche Freude ist die Beschleunigung und die damit verbundene Soundkulisse, die den Innenraum füllt. Das Fauchen, Grummeln, Dröhnen, das kräftige Röcheln, wenn man den Fuß vom Gaspedal nimmt und drohende Donnerlaute aus dem Auspuff krachen. Ich brauche die 305 Stundenkilometer nicht, die ich mit dem Dynamikpaket plus erreichen kann. Ich bin süchtig nach dem Kick der Beschleunigung, dem infernalischen Gebrüll, das an meine Ohren dringt.

Audi RS 7 Sportback

Zwischenhalt in einem kleinen Dorf – und später bewundernde Blicke

Aber die Autobahn ist eine Sache. Wie schlägt sich das immerhin fünf Meter lange und 1995 Kilogramm schwere Coupé auf der Landstraße? Ist der Wagen nicht ein wenig zu massiv, um hier Spaß haben zu können? Auf dem Fahrersitz merkt man davon nichts. Der RS 7 bewegt sich agil durch die Kurven und wenn da vorne nicht ein V8 seine Arbeit verrichten würde, dann könnte man glatt meinen, man würde in einem Audi S3 sitzen. Enge Kehren, lang gezogene Kurven – alles kein Problem. Wenn man will – und das will man wirklich gerne – kann man die Reifen an ihre Haftungsgrenze bringen. Dank diverser Fahrwerkshilfen geht das auch alles immer gut, selbst wenn man das ESP mal ausschaltet, muss man sich wenig Sorgen machen. Der RS 7 reagiert gutmütig und mit einem schönen Übersteuern, das bis zum Grenzbereich leicht zu beherrschen ist. Wer Platz hat und sich auf einer geschlossenen Rennstrecke befindet, kann erstaunliche Driftwinkel produzieren.

Ich gönne dem Wagen eine kurze Pause in einem winzigen Dorf nahe Neckarsulm, das sich zwischen zwei Waldgebiete an die kleine Landstraße schmiegt. Der Motor knackt ein wenig vor Hitze, ebenso die Carbonbremsen, die den RS 7 auf Wunsch brachial verzögern können. Der Lüfter hustet die Kühlluft in den V8. Die Sonne spiegelt sich in den verchromten Zierleisten und ich schaue erneut gebannt auf dieses wunderschön abfallende Heck des Coupés. Ein Passant bleibt stehen und fragt, was dass denn für ein Audi sei. „RS 7“ sage ich und schiebe direkt hinterher “560 PS”. Ein anerkennendes Nicken folgt und ein “Viel Spaß”. Die Schwaben sind sparsam mit Worten und Lob.

Auf dem Rückweg gönne ich dem RS 7 ein wenig Ruhe. Zumindest auf den Bundesstraßen, auf denen der Verkehr eh so dicht ist, dass man nicht vorankommt. Aber das macht keinen Spaß. Ich biege ab, zurück auf eine kleine gewundene Landstraße, lasse die Fenster runter und lausche erneut gebannt dem V8, der den Wagen durch die Kurven treibt. Ich genieße den Sound und gleichzeitig das Alleinsein mit dem RS 7. Denn gleich muss ich zurück, den Wagen wieder abgeben. Aber noch habe ich ein paar Kilometer, noch warten ein paar Kurven auf mich und den Wagen. Ich fasse das Lenkrad etwas fester, greife zur linken Schaltwippe und trete das Gaspedal durch. Ich bin ein Gepard und reise durch mein Revier. Zu Hause, das ist später. Viel später. Und das ist gut so.

Mehr von Don Dahlmann können Sie im Racingblog und bei Racingcarz lesen.

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